Seit 2017 ist Medizinalcannabis in Deutschland ein verordnungsfähiges Arzneimittel. Vor allem Patient:innen mit schweren Erkrankungen wie chronischen Schmerzen, Spastiken, MS oder Krebs profitieren von der Therapie. Doch während die medizinische Nutzung immer noch mit Vorurteilen kämpft, befeuern einige Plattformen das Stigma – durch Werbekampagnen, die Cannabis nicht als Medikament, sondern als „Lifestyle-Droge“ inszenieren.
Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG)
Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) schreibt klare Grenzen vor: Arzneimittel dürfen nicht mit „Spaß- oder Lifestyle-Claims“ beworben werden. Werbeslogans wie
„Bereit für die Sommer-Vibes? Ob chillige Grillabende oder entspannte Tage am See …“
sind nicht nur geschmacklos, sondern schlicht unzulässig. Sie degradieren eine ernsthafte Therapieform zu einem Konsumartikel – und untergraben damit die Glaubwürdigkeit der gesamten Branche.
Patient:innen fühlen sich verhöhnt
Für Betroffene bedeutet das:
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Missachtung ihrer Realität – Menschen, die Medizinalcannabis benötigen, um Schmerzen oder Krämpfe zu lindern, werden in die „Spaßkiffer-Ecke“ gedrängt.
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Stigmatisierung statt Akzeptanz – statt Aufklärung und Normalisierung erleben Patient:innen, dass ihre Behandlung öffentlich ins Lächerliche gezogen wird.
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Gefährdung der Versorgung – jede unseriöse Kampagne ist ein Steilpass für Kritiker:innen, die Cannabis als Arzneimittel ohnehin skeptisch sehen.
Telemedizin: Chance oder Gefahr?
Telemedizin ist in Deutschland für viele Patient:innen unverzichtbar – weil es nach wie vor zu wenige Ärzt:innen gibt, die Cannabis verschreiben. Richtig umgesetzt, kann Telemedizin Versorgungslücken schließen.
Doch wenn Plattformen einerseits Seriosität betonen, andererseits HWG-widrige Lifestyle-Werbung schalten, entsteht ein toxisches Bild:
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Cannabis als „Spaßprodukt“ statt Medikament,
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„Kiffer-Plattform“ statt medizinischer Dienstleister.
Die Folge: Politik und Öffentlichkeit verlieren Vertrauen – und Patient:innen verlieren Zugang.
Folgen für die gesamte Branche
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Stigmatisierung verstärkt sich – Cannabispatient:innen gelten als „Genießer“ statt als Menschen mit Therapiebedarf.
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Gefahr regulatorischer Rückschritte – Gesetzgeber könnten die Regeln verschärfen und Verschreibungen von Blüten einschränken.
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Schaden für seriöse Anbieter – Praxen und Apotheken, die verantwortungsvoll arbeiten, geraten mit in Verruf.
Seriöse Kommunikation ist Pflicht
Damit Medizinalcannabis langfristig akzeptiert bleibt, braucht es klare Grundsätze:
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Keine Lifestyle-Werbung für medizinische Cannabisprodukte.
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Aufklärung & Patientensicherheit in den Mittelpunkt stellen.
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Transparente Kommunikation über Wirkung, Risiken, Nebenwirkungen.
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Abgrenzung zu Genusscannabis – Cannabisblüten für Patient:innen sind Arzneimittel, keine Konsumgüter.
Fazit
Medizinalcannabis ist ein ernsthaftes Arzneimittel – kein Werbegag für „Sommer-Vibes“. Plattformen und Anbieter, die gegen das HWG verstoßen, riskieren nicht nur Abmahnungen, sondern verspielen das Vertrauen einer ohnehin fragilen Patientengruppe.
Telemedizin kann ein Schlüssel sein, um Versorgungslücken zu schließen – aber nur, wenn sie seriös, verantwortungsvoll und im Einklang mit den Gesetzen umgesetzt wird. Alles andere schadet nicht nur den Unternehmen selbst, sondern vor allem den Menschen, die auf Cannabis als Therapieoption angewiesen sind.