Am 8. Oktober 2025 hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem das Medizinal-Cannabisgesetz in Deutschland modifiziert werden soll. Ziel der Reform ist es, Missbrauch bei der Verschreibung sowie Importe von Cannabisblüten in medizinischer Qualität stärker zu regulieren — ohne die Versorgung von Patient:innen zu beeinträchtigen.
Im Folgenden findest du eine umfassende Übersicht über die Hauptänderungen, Hintergründe, Chancen und potenzielle Herausforderungen – damit Leser:innen auf Hizen gut informiert sind.
1. Ausgangslage & Dringlichkeit der Reform
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Seit dem Inkrafttreten des bisherigen Gesetzes im April 2024 ist eine starke Zunahme der Importe von Cannabisblüten für medizinische Zwecke zu beobachten. Im ersten Halbjahr 2025 stiegen die Importe von rund 19 auf etwa 80 Tonnen – ein Zuwachs von mehr als 400 %.
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Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der Verordnungen über die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) jedoch nur in geringem Maße – was Fragen zu möglichem Verordnungsmissbrauch aufwarf.
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Ein zentraler Kritikpunkt: Viele Verschreibungen erfolgten über Internetplattformen, oft ohne persönlichen ärztlichen Kontakt. Der Gesetzentwurf will diese Praxis einschränken.
Diese Entwicklungen haben die Bundesregierung dazu veranlasst, gesetzgeberisch zu intervenieren – mit dem Anspruch, medizinische Cannabisversorgung weiterhin sicherzustellen, aber Missbrauch und nichtmedizinische Nutzung zu verringern.
2. Die zentralen Änderungen im Gesetzentwurf
2.1 Pflicht zum persönlichen Arztkontakt
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Künftig dürfen Cannabisblüten nur dann verschrieben werden, wenn ein direkter Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden hat – entweder in der Praxis oder im Rahmen eines Hausbesuchs.
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Diese Regelung soll gewährleisten, dass eine sorgfältige medizinische Beurteilung, Anamnese und körperliche Untersuchung stattfindet.
2.2 Einschränkungen für telemedizinische Verschreibungen
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Bei Folgeverordnungen ist künftig mindestens einmal pro vier Quartale eine persönliche Konsultation erforderlich.
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In bis zu drei der vier Quartale kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Verschreibung telemedizinisch erfolgen – sofern der vorherige persönliche Kontakt bereits stattgefunden hat und in Zusammenhang mit der Cannabisverschreibung steht.
2.3 Versandverbot & Apothekenberatung
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Der Versand von Medizinal-Cannabis per Post soll künftig nicht mehr zulässig sein. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Abgabe der Blüten über Apotheken erfolgen muss, wo eine persönliche Beratung, Aufklärung und Kontrolle möglich ist.
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Apothekenbotendienste bleiben erlaubt, sofern sie sicherstellen, dass unsere Beratungspflichten im Rahmen der Abgabe eingehalten werden.
2.4 Weitere Pflichten & Kontrollmechanismen
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Der Gesetzesentwurf betont eine intensivere Aufklärungspflicht, z. B. hinsichtlich Suchtgefahr sowie körperlicher oder psychischer Risiken, die mit Cannabiskonsum einhergehen.
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Der Entwurf spricht explizit davon, den professionellen Verordnungsmissbrauch über das Internet zu verbieten.
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Auch Qualität, Sicherheit und Rückverfolgbarkeit der importierten Cannabisblüten sollen stärker kontrolliert werden.
3. Chancen & Herausforderungen
Chancen
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Stärkere Legitimität der medizinischen Verschreibung
Die Reform könnte helfen, das Vertrauen in Cannabis als medizinisches Hilfsmittel zu festigen, indem Verschreibungen transparenter und medizinisch fundierter gestaltet werden. -
Reduzierung von Missbrauch
Durch persönliche Prüfungen und strengere Kontrollen über Onlinekanäle sollen Opportunitäten für unzulässige Verschreibungen verringert werden. -
Sicherung der Versorgung
Der Gesetzentwurf betont, dass die medizinische Versorgung weiterhin sichergestellt bleiben soll – auch nach den Änderungen. -
Rechtliche Klarheit
Für Ärzt:innen, Apotheken und Patienten entsteht ein klarerer gesetzlicher Rahmen mit verbindlichen Vorgaben.
Herausforderungen
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Zugang und Verfügbarkeit
In ländlichen Regionen oder Orten mit geringer Dichte an Fachärzt:innen und Apotheken könnten Patient:innen künftig längere Wege oder Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. -
Telemedizinische Einschränkungen
Für Patient:innen mit Mobilitätsproblemen oder in schlecht versorgten Regionen könnten die Pflichttermine problematisch sein, selbst wenn eine telemedizinische Verschreibung in begrenztem Umfang erlaubt bleibt. -
Umsetzungsaufwand & Bürokratie
Ärzte, Apotheken und Behörden müssen ihre Abläufe anpassen: Dokumentation, Konsultationsnachweise, Kontrolle der Versandwege etc. Der Aufwand kann erheblich sein. -
Import & Qualitätsprüfung
Die drastische Ausweitung der Importe in den letzten Jahren zeigt, dass Logistik, Kontrolle und Qualitätsstandards künftig eine große Rolle spielen. Die neuen Vorschriften müssen praktikabel, aber auch streng genug sein, um Sicherheit zu gewährleisten.
4. Ausblick & Handlungsspielräume
Der Gesetzentwurf steht noch nicht endgültig – das parlamentarische Verfahren muss folgen. Doch die Richtung ist klar: Deutschland will seinen Rechtsrahmen für Medizinal-Cannabis stärken und präziser gestalten.
Für Patient:innen, Ärzt:innen, Apotheken und weitere Akteure heißt das:
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Vorbereitung & Anpassung: Bereits heute sollten medizinische Einrichtungen, Apotheken und Logistiker prüfen, wie sie ihre Arbeitsabläufe anpassen könnten.
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Dialog & Beteiligung: Stellungnahmen, Anhörungen und Expertenmeinungen werden im Gesetzgebungsprozess wichtig sein – hier besteht die Chance, Einfluss auf die finale Ausgestaltung zu nehmen.
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Informationsbedarf decken: Patient:innen müssen bestmöglich informiert werden über Änderungen in Verschreibung, Apothekenabgabe und möglichen Einschränkungen.
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Qualitäts-& Kontrollsysteme etablieren: Gerade bei Importen und Lieferketten sollte sichergestellt werden, dass Qualität, Rückverfolgbarkeit und Sicherheit im Vordergrund stehen.
5. Schlussgedanken
Der vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf zur Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes ist ein bedeutender Schritt in Richtung stärker regulierter und kontrollierter medizinischer Cannabisversorgung in Deutschland. Die Reform versucht, eine Balance zu finden zwischen dem wichtigen Ziel, Patient:innen zu versorgen, und dem Bedürfnis, Missbrauch zu unterbinden.
Für Hizen ist dieser Wandel relevant: Es lohnt sich, aufmerksam zu beobachten, wie sich das Gesetzgebungsverfahren entwickelt, und welche Auswirkungen sich praktisch ergeben – sowohl für Betroffene als auch für das Gesundheitssystem im weiteren Sinne.